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Sonntag, 24. Juli 2011

21.07. 5ème ètape: Nuits-Saint-Georges–Rully (50,47 km, 3:08:55) (Boue par orage)

„Admirez le paysage!“

Da wir das Frühstück noch von gestern kennen, fahren wir heute ohne los. Im Ort gönnen wir uns erstmal zwei Croissants, während Mo sie kauft, telefoniere ich mit meiner Ärztin wegen des nichtendenwollenden Schwindels am Morgen, sie diagnostiziert Salzmangel und verordnet mir ein Päckchen Salzstangen.

Im Café du Centre führen wir jeder ein 3-Euro-Frühstück plus Café au lait zu, irgendwer in der Nähe schenkt uns einen Internetzugang, so dass auch die Büroarbeit leicht von der Hand geht. Zwei Handwerker bringen über den Schaufenstern der lokalen Sparkasse auf hellgrauem Grund eine hellgrauen Folie an – da muss wirklich jeder Handgriff sitzen.

Wir kennen den Weg, denn es geht schon wieder nach Beaune. Salzbrezeln bei Casino (ob die auch wirken?), gleich essen nahe der Fußgängerzone, sprachlich alles wie gehabt, aber gestern hatten wir mehr Glück mit dem Publikum.

Schön stehenbleiben!

Diesmal fahren wir den Weinbergweg andersrum, er wird davon nicht weniger schön. Mittagessen oberhalb von Puligny-Montrachet, von dort weiter über Chassagne-Montrachet nach Santenay.

Hinauf ins Vergnügen.
Over the hills and far away.
Wer A trinkt, ...
... muss auch B trinken.
Zum Mittagessen gibt's Panorama du jour.
Anschauen umsonst, probühren nur gegen Gebühren.

In Chassagne-Montrachet wird dem geneigten Gast übrigens nichts mehr geschenkt. Die Weinprobe in der örtlichen Caveau Municipal wird von einem Asiaten betreut, der mit vielen Besuchern in seiner Muttersprache spricht. Für zehn Euro darf man vier Weine verkosten, die Highlights der umfangreichen Karte sind bei diesem Angebot leider exkludiert, sie kosten bis zu 285 Euro. Uns bietet der Kollege freundlich ein Wasser an, wir verabschieden uns mit dem Hinweis, dass wir die Weinprobe lieber aufs nächste Mal verschieben.

Da kommen wir mit dem Auto und können mehr trinken.

Von Santenay fahren wir über Remigny und Changy nach Bouzeron, wo es eine Querverbindung nach Rully, unserem heutigen Zielort, geben soll. Die Straße ist nach heftigen Regenfällen stark verschmutzt, bis in den Ort kommen wir trotzdem gut. In Bouzeron eine gute Nachricht: Es gibt ein Schild nach Rully. Die schlechte Nachricht: Es geht steil bergauf. Wir fahren am Haus einer freundlichen Dame vorbei, freundlich deshalb, weil sie uns auf Anfrage gerne erklärt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und weil sie sich offensichtlich freut, wenn sich Radler bei ihr vorbei quälen.

Sie sagt, dass es noch wesentlich steiler werden wird, und rät uns, bei Bedarf unbedingt zu schieben. Dann könnten wir auch mal stehenbleiben und die Landschaft bewundern.

Unten Bouzeron, oben wir.

Wir fahren wieder ein Stück, machen Pause, auf einmal kommen von oben zwei Menschen auf Klapprädern. Sie ist vorn, sie bremst, sie zückt eine Karte und sagt: „Can you tell us where we are?“. Von der Sprache müsste sie eindeutig aus Beaune kommen, aber das ist die andere Richtung. Wir zeigen ihr, wo wir sind, sie freut sich, auf dem richtigen Weg zu sein, und bleibt mit ihrem Mann für ein Schwätzchen stehen.

Das Paar kommt aus Schweden, ist mit dem Boot auf dem Kanal unterwegs und macht gerade mal einen kleinen Ausflug. Sie sagen, dass es noch wesentlich steiler werden wird, und auf der anderen Seite noch steiler nach unten geht. Nebenbei erzählen sie, dass sie bereits seit 2009 durch Europa fahren.

Und da glauben wir, wir wären lange unterwegs!

Unten Rully, oben wir.

Die Abfahrt nach Rully ist tatsächlich so steil, dass wir mit angezogenen Bremsen fahren müssen (und es an manchen Stellen trotzdem auf über 20 km/h bringen). Der Weg zu unserem Hotel ist gut ausgeschildert, es liegt mitten im Ort, es ist das einzige am Ort, es hat Charme und verspricht lecker Essen.

Der Platz vor dem ersten Haus am Platz.
La lampe de la chambre de charme.
L'escalier de charme.

Über das Essen hatten wir bereits in einem Internetforum gelesen, es sei „to die for“, das möchten wir natürlich nicht, aber was wäre das Leben ohne Risiko.

Das Mikado-Messer: sieht nicht besonders aus, ist schwer zu platzieren und trotzdem weit verbreitet.

Wir nehmen das große Menu, das haben wir bergauf verdient, und zum Hauptgang einen Roten aus dem Ort (nein, nicht den Bürgermeister):

Gambas grillée,
Foie gras de canard mariné au Porto blanc,
compotée de poire au vin et son pain brioché aux fruits secs
Minute de noix de Saint Jacques au Rully blanc 
et son risotto crémeux
Granité au Marc de Bourgogne
Filet de Bœuf charollais aux morilles
Plateau de fromages frais et affinés
La carte des desserts

Die Jakobsmuscheln sind ein Knaller, das Risotto dazu ebenfalls. Das Granité kommt derart locker daher, dass man darüber nachdenken sollte, lieber doch kein Eis mehr selbst zu machen, und das Filet de Bœuf ist superb. Als dann noch die kleine Käseauswahl vor uns steht, stellt sich die Frage, ob man vor Freude oder in Trauer über deutsche Käsetheken weinen soll. Viele Käse, von denen wir noch nie gehört haben. Andere, deren Namen wir kennen, hier aber in Art, Umfang und Reife, die wir nicht für möglich gehalten hätten.

Es wird Zeit fürs Bett.

Ach ja, der Wein war auch lecker.

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