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Samstag, 13. August 2011

07.08. 17ème étape: Gramat–Cahors (60,01 km, 2:59:21) (Prudence - voies retrecies)

„Dass ich solch eine Strecke noch einmal erleben durfte!“

Monsieur persönlich serviert das Frühstück, üppige Viennoiserie, hauseigene Marmeladen, guter Joghurt. Wir packen trotzdem unsere Siebensachen, fahren zwecks Einkauf zu Casino contact und machen uns anschließend auf der D807 in Richtung Saint-Géry.

Anfangs geht es schön rauf und runter mit teilweise langen Abfahrten, auf denen wir über 60 km/h fahren können. Gut, dass wir ausgeschlafen sind.

Hinterm Tor lugt Frankreich hervor.
Die Erde ist eine Scheibe.

Nach etwa 22 Kilometern erreichen wir Labastide-Murat, wo der sonntägliche Markt für Jubel, Trubel, Heiterkeit und hohes Verkehrsaufkommen sorgt. Nebenbei wird auch noch Vieh verkauft, was der Vielfalt der Geräusche ausgesprochen zuträglich ist. Wir setzen uns mitten rein, gönnen uns einen Riegel und fahren irgendwann doch auf der D32 weiter in Richtung Süden.

Ganz ohne Trubel: Mittagszeit in Labastide-Murat.

Was folgt, ist die bislang tollste Abfahrt unserer Tour: rund 24 Kilometer runter, weiter runter und anschließend abwärts, Mo kann es kaum fassen. Bei Saint-Sauveur-la-Vallée fahren wir ins Tal des Vers ein, eine Frau schüttelt am Fenster die Betten und freut sich sichtlich, dass ich ihr im Vorübersausen einen guten Tag wünsche.

Langsam wird's wieder Zeit für weitere Nahrungsaufnahme, so dass wir uns einen schönen Platz suchen und schon bald in Form einer Wiese auch tatsächlich finden. Eine Stunde lang vertreiben wir uns die Zeit mit sitzen, essen, gucken und freuen.

Mittags im schönsten Tal.
Der kommt kaum über die Grenzen der Region hinaus.
Das Schönste: Wir müssen nicht hinauf.

Kurz hinter Fontaine Polemie erreichen wir die D663, auf der wir nach rechts unseren Weg bis Vers fortsetzen. Hier fließt der gleichnamige Fluss in den Lot.

Ein Ort, der heißt wie ein Fluss, der heißt wie ein Ort.
Der Lot auf dem Weg in die Garonne.
Nearer my God to thee.

Von Vers sind es noch knapp 15 Kilometer nach Cahors, dem Ziel unserer heutigen Etappe. Die Strecke ist weiterhin très agréable: rechts die schroffen Felsen, links der träge plätschernde Lot, der sich mal mehr, mal weniger von uns entfernt.

Kurz vor Laroque-des-Arts überholt uns mit hoher Geschwindigkeit ein Wohnwagengespann; vorne ein weißer Van, dahinter ein gleichfarbiger Wohnwagen mit dem Aufdruck „Challenger“. Ich denke noch, „der hat's aber eilig, auf den Campingplatz zu kommen“, da donnert schon das nächste Gespann in ähnlicher Konstellation vorbei. Unterbrochen von einigen Pkw rast Lützows wilde, verwegene Jagd anschließend mit mindestens 30 Fahrzeugkombinationen immer schneller und immer enger an uns vorbei.

Ich schimpfe wie ein Rohrspatz und als wir die Truppe am nächsten Campingplatz einholen (so schnell geht es nicht mit dem Einchecken), mache ich aus meinem Herzen ebenfalls keine Mördergrube, sondern erläutere den Herrschaften en passant und mit allen Feinheiten meiner Muttersprache, was genau ich von ihnen und ihrer Fahrweise halte.

Wenig später kommt die Kolonne erneut vorbei. Noch schneller, noch enger und diesmal unter teils wildem Hupen. Ich schließe daraus, dass die Truppe  a) auf dem Campingplatz nicht genug Platz gefunden hat und die Fahrer mich  b) sehr gut verstanden haben. Mo ist sicher längst an die Seite gefahren, ich spiele noch ein bisschen mit meinem Leben und stelle mich irgendwann auch auf den Grünstreifen.

Hier habe ich Zeit und Muße, mir die Rasenden näher anzuschauen, und stelle fest, dass es sich wohl um den Umzug eines Zigeuner-Clans handelt. Erst Papa mit dem Wohnwagen, dann Mama im Pkw mit den Kindern. Da haben die Aktionen des kleinen Nick im letzten Jahr wohl doch nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Mo kommt etwas später und ärgert sich, dass ich weiter gefahren bin und mich auf diesen Blödsinn eingelassen habe. Was soll ich sagen?

Wir fahren weiter nach Cahors, zum Schluss einen guten Kilometer hinauf nach „Centre Ville“, wo wir feststellen, dass die Innenstadt nicht das historische Zentrum der Stadt ist. Also fahren wir auf einer anderen Straße wieder runter.

Franzosen „können“ Plätze, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Idyllische Lage an der ehemaligen Schleuse.

Das Office de Tourisme empfiehlt uns ein Hotel auf der anderen Seite des Lot, es sei frisch renoviert. Wir buchen unser Zimmer, fahren die kurze Strecke und kommen ein bisschen zur Ruhe. Während Mo das Zimmer aussucht, spreche ich mit einer Frau aus Lyon, die an einer Familienfeier im Restaurant teilnimmt. 58 Menschen aus ganz Frankreich feiern Noce d'or mit dem hörbar glücklichen Ehepaar. So macht ein Familienfest auch Menschen Spaß, die gar nicht zur Familie gehören.

Und zum Abendessen geht's wieder zurück in die Stadt.

Abendessen ist schwierig, denn sonntags haben auch in Cahors viele Restaurants geschlossen. Wir suchen lange vergeblich und landen schließlich in einer Brasserie an der Hauptstraße, die ganz stolz darauf ist, dass sie das ganze Menu auf einem Teller serviert: ein paar Salatblätter, einen Hauptgang und ein Stück Käse. Wir haben Hunger, der Kellner ist flott und fröhlich, alles wird gut.

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