Seiten

Dienstag, 2. August 2011

02.08. EILMELDUNG: Dopingverdacht im Team Veillon!

Bis auf die von den Beteiligten zum Stilmittel erhobene Völlerei sollte diese Tour sauber bleiben, nun fällt – noch vor dem Start der 13. Etappe – der erste Schatten auf das Unternehmen: Chica, die laufstarke Sprinterin aus dem Team Veillon, soll mit sechs Eiern inklusive Schale und halbem Eierkarton ihre Leistungsfähigkeit unerlaubt gesteigert haben.

Niederländische Medien berichten, dass die Beschuldigte bereits mehrfach als „Klautüte“ ertappt und teilweise überführt werden konnte. Die Beschuldigte selbst gibt sich ahnungs- und schuldlos, wahrscheinlich auch, weil sie davon ausgeht, dass ein zweifelsfreier Nachweis kaum geführt werden kann: Außer der zweiten Hälfte des Eierkartons sind sämtliche Spuren des Falles beseitigt.

Können diese Augen lügen? Wir meinen: ja!

01.08. 12ème étape: Pontgibaud–le Mont-Dore (42,68 km, 2:39,13) (Repas dansant)

Beschwerden werden erst ab 15 Uhr entgegen genommen.

Die Qualität des Frühstücks wechselt wie die Auf- und Abfahrten entlang der Strecke. Heute sind wir wieder im tiefen Tal. Madame ficht das nicht weiter an, sie giggelt mit einer Gästin wie zwei 14-Jährige, die einander auf dem Schulhof berichten, welcher Junge während der Stunde zu ihnen rübergeschaut hat.

Parallel putzt sie mit einem kleinen Schwämmchen die Glastür des Etablissements von beiden Seiten, anschließend benutzt sie es zur Reinigung der noch verfügbaren Plastikmatten, auf denen das Frühstück serviert wird (einseitig). Wir schließen unseren Aufenthalt ab und sehen deshalb nicht, ob sie auch die Klos damit putzt.

Frühstücksverweigerung in zentraler Lage. 

Nach dem Einkauf bei Casino suchen wir noch einen Bäcker, leider Fehlanzeige. Montags hat der Franzose gerne geschlossen.

Gibt's den eigentlich noch?
Südwärts weist der Weg.

Anfangs fahren wir die D986 Richtung Miouze. Das geht ziemlich eben, ziemlich schnell und ist ziemlich gut zum Anwärmen der geschundenen Muskulatur. Wir wissen ja nicht, welche steilen Rampen heute auf uns warten, da zählt jeder Meter ohne Last doppelt und dreifach.

Bei Miouze kreuzen wir die Sioule, und kaum, dass wir die verkehrsreiche D2089 erreicht haben, fahren wir auch schon wieder links raus nach Saint-Pierre-Roche. Der Weg dorthin ist steil, am höchsten Punkt atmen wir tief durch und Monika schlägt sich äußerst widerwillig hinter der Kreuz-Skulptur in die Büsche. Das Abbiegen entpuppt sich als unnötig, der weitere Weg führt uns zurück auf die befahrene Straße.


Da wir immer noch kein Brot und inzwischen alle Läden geschlossen haben, entscheiden wir uns für Plat du jour. Gleich beim ersten Versuch, in der „Bar des Druides“ ist aber schon alles aufgegessen. Den zweiten Versuch starten wir in Rochefort-Montagne, wo wir mehr Erfolg haben. Die Räder kriegen draußen einen Sonnenschirm (damit der Käse, der eigentlich für Mittagessen gedacht war, nicht schmilzt), wir essen drinnen vom Entrée-Buffet, dann Geschmortes mit Reis und schließlich Käse und Eis. Das Achtel Wein und der Café werden ohne Vorankündigung extra berechnet, das schmeckt uns eher nicht.

Während wir essen, fahren drei Rennradler den steilsten von drei Wegen nach le Mont-Dore hoch, als wir fertig sind, sehen wir, wie sie gerade wieder runterkommen – und den Aufstieg erneut in Angriff nehmen. Das macht uns Mut, den nach Auskunft unseres Wirtes am wenigsten steilen Weg zu nehmen. Er führt sofort steil aufwärts zurück zur D2089, auf der wir nach ca. fünf Minuten den ersten größeren Krach dieser Reise kriegen.

Neben uns donnern wieder die Laster, und irgend ein Depp drückt direkt neben Mo kräftig (und eher aufmunternd gemeint) auf die Hupe, was ihr jedoch die letzten Nerven raubt. Wir sprechen ernst und laut über Themen, wie: Die ganze Welt möge ein Radweg sein u.ä. Da es keine wirkliche Alternative gibt, setzen wir die Fahrt nach der Aussprache fort. Die Landschaft zur Linken ist sensationell, mit jeder Abfahrt zur Rechten nimmt der Verkehr ab, bei Laqueuille fliegen wir ohne Mitbewerber, aber mit hohem Tempo auf neuer Piste ins Tal.

Die Kegel dominieren die Region.

Wer runter rast, muss auch wieder hoch schleichen. Das gelingt uns auf den folgenden vier Kilometern. Die Hitze nimmt beständig zu, kleine Asphaltbröckchen kleben an den Reifen fest und klappern bei jeder Drehung des Rades durch das Schutzblech, bevor sie wieder raus geschleudert werden. Wie verlassen die inzwischen fast leere Route National in Richtung Murat-le-Quaire, das den typischen Baustil der Auvergne bis heute bewahrt hat.

Endlich mal wieder ein Pferd!
Bauen in der Auvergne: gestern und heute (rechts hinten).

Im weiteren Verlauf der Fahrt fällt uns auf, das wir heute schon ziemlich viele Höhenmeter absolviert haben müssen, denn nach le Mont-Dore (1.050 m) geht es eher bergab als bergauf.

Sensationell: bergab in die Berge.

Als wir die Stadt erreichen, sind wir gleich wieder überrascht. Erstens, weil Männer entlang des Weges Pfosten in den Boden rammen, an denen Plakate für den 15. August ein tanzenden Abendessens ankündigen (das hätten wir gern gesehen, leider sind wir morgen schon wieder weg). Zweitens, weil wir einen typischen Wintersportort erwartet hatten, zunächst aber durch ein besseres Bergdorf fahren, in dem nur der Hinweis auf einen Ski- und MTB-Verleih an Wintersport erinnern.

So baute und baut der Auvergnate.

Im Zentrum der Stadt sieht es dann ganz anders aus. Ob der Touristenmassen, die sich völlig sinn- und zweckfrei durch die Fußgängerzone bewegen, fühle ich mich an den Mont-Saint-Michel erinnert, Mo fühlt sich nach Andorra versetzt, wo Menschen, Läden und Hotels ebenfalls einen Wintersportort komplett dominieren.

Hier fühlt er sich wohl, der Curiste.

Das bunte Treiben wollen wir uns anschauen, also kaufen wir beim Bäcker eine Pfirsichtarte und ein Apfelstückchen und verspeisen beides am Rande des Menschenstromes. Hier sind Menschen mit dem T-Shirt der Dark-Side-of-the-Moon-Tournee unterwegs (fast 40 Jahre alt und spannt immer noch), andere schieben ihren Hund im Kinderwagen Gassi (das kennen wir doch irgendwoher, oder?), und wieder andere sprechen uns auf die Räder und das Hochfahren in den Ort an.

Hier bin ich Mensch, hier schieb' ich rum.

Außerdem nutzen wir die Zeit, um ein Hotel außerhalb des Rummels zu finden und reservieren gleich dessen letztes freies Zimmer. Der Empfang ist mehr als herzlich, der Garten ist ein Traum, und ein kleines Schwimmbad gibt's auch. Alle dürfen jetzt raten, was Mo sofort macht!

Nachdem alles Wichtige getan ist, treffen wir uns im Garten zwecks Apéritif (es gibt lokale Gentiane: Avèze und Saler), dann gehen wir essen. Die Karte ist klein, aber gespickt mit Spezialitäten der Auvergne. Das Publikum entspricht dem Inventar des klassischen Urlaubs-Vollpensions-Hotels der 60er Jahre, vor allem das weibliche Geschlecht in höheren Altersklassen ist gut vertreten. Irgendwie fühlt man sich wie bei Famille Semmeling.

Das Massif central haben wir damit erklommen, morgen suchen wir die Ausfahrt in Richtung Lot, Célé und Tarn. Es wird wohl ein wenig dauern, bis wir diese Region erreicht haben, aber das ist ja durchaus gewünscht.