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Sonntag, 22. Juli 2012

24. Mai 2012, der fünfzehnte Tag: Waschtag in Toulouse

Schreiben, waschen, fetten

Früh links erwachen, dann zum Boulanger rechts nebenan. Unsere Gastgeber arbeiten bzw. spielen Tennis, wir versorgen die ausgelaugten Körper mit Kalorien.

Anschließend lassen wir die Waschmaschine rotieren, Mo sortiert auf Evas Rechner die Bilder der letzten beiden Wochen und lädt sie auf einen dieser bösen One-Click-Filehoster hoch, damit sie von anderer Stelle gesichert werden können. Das schafft auch ungemein Platz auf der Speicherkarte. Ich schreibe weiter am Blog, muss aber erkennen, dass 14 Tage Abstand zum Geschehen nur schwer zu kompensieren sind. Es läuft alles andere als flüssig, mehr als zwei Tage schaffe ich nicht, so dass ich beschließe, ab heute jeden Tag zumindest in Stichworten schriftlich festzuhalten und mir damit bessere Voraussetzungen für die nächste Schreibmöglichkeit zu schaffen.

Während die Wäsche auf der von Sonne überfluteten Terrasse trocknet, steuern wir eine Tankstelle in der Nähe an, wo wir unsere verdreckten Räder mit Hochdruck reinigen wollen. Wie der Zufall es will, kommen wir unterwegs an einem Fahrradladen vorbei, eine innere Stimme rät mir, dort Rat zu suchen, und wir erfahren, das Hochdruck die denkbar ungeeignetste Form der Reinigung ist.

Der Händler lädt uns ein, die Räder in seinem Hof mit seinem Schlauch und Wasser zu säubern. Dieses Angebot nehmen wir gerne an, erwerben im Gegenzug das passende Fett und einen Rad-Reiseführer bei ihm. So wäscht eine Hand die andere und am Ende sind alle fein raus.

Hebamme wider Willen an der Supermarkt-Kasse

Gemeinsam mit Eva fahren wir später bei 28 Grad Außentemperatur raus ins Einkaufszentrum, wo sie das Alltägliche und wir das – zumindest für uns – Besondere erwerben. Die beiden kommen im August in die Heimat und laden die Schätze dann bei uns ab. Apropos Schatz: Madame Leclerc kassiert uns freundlich ab und verabschiedet uns mit der ebenso freundlich gemeinten Erkenntnis, dass es für Eva bestimmt schön sei, wenn ihre Eltern sie besuchen.

Es dauert einen Moment, bis alle Betroffenen die Tragweite dieser Anmerkung realisieren, ihren Ursprung schieben wir auf die Tatsache, dass wir alle eine Brille tragen und aus Deutschland kommen. Danach gehen Mo und ich in die nächste Drogerie, um den Erwerb geeigneter Haarfärbemittel zu prüfen.

Zurück im Haus gibt's leckere Törtchen vom benachbarten Bäcker, danach wird die mittlerweile getrocknete Wäsche reisefertig verpackt. Und schon ist wieder früher Abend, Zeit für den Apéritif.

La Place de la Trinité am frühen Abend

Von der Rue des Filatiers schlagen wir uns später durchs Zentrum der Stadt bis auf den Boulevard de Strasbourg, wo René uns vier schöne Plätze in der warmen Abendsonne frei gehalten hat. Die Karte ist von Hand auf kariertes Schulheft-Papier geschrieben. Eine der Karten trägt auf der Rückseite in gleicher Schrift die Frage „Pourquoi tu ne me crois pas?“, was dem Tischgespräch zusätzliche Dynamik verleiht.

Es gibt Salade de gésiers, Raviolis maison, Tournedos rossini gefolgt von Rocamadour und Crème de marrons. Das Ganze wird begleitet von launigen Gesprächen (s.o.), einer munteren Kellnertruppe, interessanter Interaktion zwischen besagten Kellnern und der überproportional großen Schar weiblicher Gäste sowie drei Flaschen Rotwein. So wird der Heimweg über die auch zu später Stunde gut gefüllten Plätze und Straßen von Toulouse zum großen Vergnügen.

La Place du Capitole am späten Abend

Oh, là, là – Madame fotografiert mit Schlagseite