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Dienstag, 4. Dezember 2012

7. Juni 2012, der neunundzwanzigste Tag: Saumur Hotel–Saumur Bahnhof, 7,95 km

Heidi, Seal and the City

Wir frühstücken, was noch da ist – überraschenderweise ist tatsächlich immer noch was da (evtl. belasten wir uns mit zu viel Proviant). Danach packen, zahlen, nix wie weg, runter in die Stadt.

An einem recht zentralen Platz legen wir einen Stopp beim Bäcker ein: Croissants, Pains au chocolat, Rosinenschnecken – danke, wir essen's gleich hier. Kaum draußen, fängt der Regen an. Wir stehen lange nebenan beim Metzger unterm Vordach, parlieren vorsichtig mit Schirmträgern, die beständig kommen und gehen, und beschließen irgendwann, mit dem Zug nach Tours zu fahren.

Trübe Aussichten beim Bäcker in Saumur

Wenn er planmäßig fährt, dann um 11.27 Uhr. Es ist jetzt 10.15 Uhr, da kaufen wir dem Bäcker sicherheitshalber noch ein paar Kalorienspender (bretonische Spezialität) ab und fahren gen Centre ville.

Saumur ist deutlich größer als gedacht, wir nehmen en passant einen Café crème und bei dieser Gelegenheit mit den Augen am örtlichen Leben teil. Die Loire ist anschließend so breit, dass die Île Offard noch zwischen die Ufer passt und wir zwei aufeinander folgende Brücken – mit nochmal reichlich Stadt dazwischen – überqueren müssen, um den Bahnhof auf der anderen Seite zu erreichen.

Wer hier einsteigt, ...

Mo presst der Dame hinterm Schalter zwei Tickets ab, der französische Schwarze draußen am Bahnsteig sieht aus, wie ein ordentlicher Schwarzer heute auszusehen hat und hört genau die Musik, die ein ordentlicher Schwarzer heute zu hören hat. Ist das jetzt Genetik, Ghetto oder Globalisierung?

Am Bahnsteig gibt's die ersten sechs der zwölf Kalorienspender (bretonische Spezialität), dann sagt Madame den Zug an. Der hat Platz für drei Räder, eins hängt schon, wir hängen unsere daneben und besetzen zwei freie Plätze in direkter Nähe. Die Fahrt dauert etwas mehr als 50 Minuten, die Leute rundum freuen sich mit uns übers Wetter.

Es schüttet.

... kann da rauskommen (z.B.)

Kein Regen in Tours. Im Verkehrstrubel rund um den Bahnhof suchen wir das Office de Tourisme, was von den lokalen Behörden mit einem perfiden Trick systematisch erschwert wird: Über die landesweit einheitlichen Hinweise hat das lokale Cleverle vom Amt eigene Schildchen geklebt, die dem Fremden leider nicht vertraut sind und uns – so viel sei vorab verraten – auch in keiner anderen menschlichen Ansiedlung dieses schönen Landes mehr begegnen werden.

Als wir endlich fündig geworden sind, habe ich das Vergnügen mit einer hoch professionellen Mitarbeiterin. Sie nennt mir mehrere Hotels, während ich die draußen mit Mo durchgehe, verkauft sie drinnen einer Asiatin mehrere Tages- und Busausflüge zu den Schlössern der Region. Als ich zurück komme, unterschreibt die Touristin bereits zügig.

Wir einigen uns darauf, zwei der Hotels anzusteuern, gleich vor dem ersten fahre ich über eine Scherbe, es macht pffft, und dann ist auch noch das Hotel complet. Wir schieben stark angesäuert zum nächsten, und finden dort sogar ein schönes Zimmer. Mo duscht, ich wechsle im schmalen Hof den breiten Schlauch.

Kein Vergnügen: das städtische Vergnügungsviertel

Nach dem Schlauchen, kurz duschen, umziehen, dann Stadtbesichtigung. Was uns erwartet, ist teils toll, teils übel. Wir streifen durch die Altstadt, entlang drei innerstädtischen Brücken, sehen die offiziell frisch getrennten Heidi und Seal mit ihren farbenfrohen Kindern. Sind die schon wieder zusammen? Und warum twittert sie das nicht?

Nach Karlsturm, Kathedrale, Château und entlang der Einkaufsstraßen sind einige Stunden vergangen, unsere Beine sind das nicht mehr gewohnt. Außerdem rückt die Essenszeit näher. Wir entscheiden uns für eine kurze Pause im Hotel.

Auf dem Rückweg passieren wir den Pont Suspendu de Saint-Symphorien, einen schmalen Steg, den wir gleich morgen früh als Fluchtweg benutzen werden.

Wo Sankt Martin zu Hause ist

„Man sieht Ihnen die 780 Jahre gar nicht an, Madame.“

Auch hier hat der Schlossherr nahe am Wasser gebaut

19.45 Uhr essen wir in einer der belebten Straßen in der Nähe. Unsere Kellnerin trägt permanent Make-up und stöhnt unter der Last, die sie in Form eines engagierten Anlernlings tragen muss. Für uns bleiben zwei Vouvray, Roulade de lapin, Salade de Riz de Veau tiede, Magret de Canard, Côte de Cochon, Café Gourmand mit super Mousse au Chocolat.

Vor dem Schlafen simsen wir unserem zarten Kind noch schnell die Ergebnisse des gerade laufenden GNTM. Wir haben ja nachmittags Heidi gesehen und wissen, dass Luisa gewinnen wird.

À demain