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Dienstag, 11. Dezember 2012

8. Juni 2012, der dreißigste Tag: Tours–Blois, 94,69 km

Königliche Preise

Mangels Alternativen zimmern wir uns ein Vorab-Frühstück aus Nescafé und Banane; Aufbruch zum gestern ausgeguckten Steg um kurz nach neun. Wir haben viel vor!

Unterwegs kaufen wir einen Bäcker leer, zweites Frühstück am Château. Während wir im Stehen speisen, verdoppelt sich die Zahl der Touristen-Busse auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Der Wind weiß, woher er wehen muss – wer den Radler liebt, der schiebt –, die Sonne lacht, wir lachen mit.

Da geht's lang!

Auf feiner Piste rollt's uns schnell nach Montlouis-sur-Loire, der Radweg führt durchs ganze Dorf, kein Haus bleibt ungesehen. Danach folgen wir den Touraine-Weinbergen bis Lussault-sur-Loire, wo wir auf die D283 abbiegen und bis Saint-Martin-le-Beau durch weitere Weinorte und -lagen kommen. Im Ort wechseln wir auf die Rue nationale und fahren bis Civray-de-Touraine und weiter zum Château Chenonceaux. Dort gibt's aber nur gegen 11€ Eintritt pro Nase was zu sehen, und das lohnt sich für uns nicht, denn: Wohin mit Rädern und Gepäck? Wie vereinbaren wir Schlossführung und Vorwärtskommen?

Mo nutzt die Pause vor der Kasse, isst ihr Pain au chocolat und sagt: „Die Leute hier laufen alle, als wären sie auch schon 2.000 Kilometer mit dem Rad gefahren.“ Vom Château sehen wir dank weiträumiger Abschottung leider nix, auch der Versuch einer Umfahrung in der Hoffnung auf Fernblick scheitert nach wenigen Kilometern kläglich.

Mittagszeit bei Königs in Amboise

Na, dann fahren wir halt schnell nach Amboise und hoffen, dass es dort besser wird. Es geht gut rauf und trotzdem gut voran, am Ortseingang ein Schauer, wir stellen uns unter und ziehen die Regensachen an. Kurz darauf im Ort ein übles Sammelsurium von Pack rund ums Château royal – gegenüber Kneipen wie in der Drosselgasse, da wollen wir weder sehen noch gesehen werden.

An der Hauptstraße finden wir einen Carrefour City und damit endlich was zum Mittagessen. Es gibt lokale Käse, ansonsten das normale Programm aus Wasser, Apfelsaft, Bananen, Joghurt, Petit pains und Tomaten. Der Azubi an der Kasse lässt sich den Panier zwecks Transport der Ware zum Rad abschwatzen, als ich ihn wiederbringe ruft er: "heffeneisdehbei". Irgendwie traut er dem Frieden nicht, wenn Touristen mit ihm Französisch sprechen.

Amboise: edle Gemäuer, ...

... große Namen, ...

... Speisen auf hohem Niveau

Nicht weit vom Clos Lucé (13,50€ Eintritt), wo da Vinci die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte, finden wir einen windigen Essplatz mit Blick auf Cretin City. Um kurz nach zwei brechen wir auf nach Chaumont, mal sehen, was uns da erwartet. Die Strecke ist super, der Wind gibt sein Bestes. Wir auch.

Entsprechend kommen wir top voran und erreichen das nächste Château, das wir nicht anschauen. Diesmal beträgt der Eintritt 15,50€, damit haben wir heute summa summarum rund 80€ an Eintrittsgeldern gespart. Am Fluss entlang summen wir weiter nach Candé-sur-Beuvron, die Loire ist inzwischen schmal wie ein Handtuch. In Candé merken wir, woran es liegt: Das Handtuch ist nicht die Loire, sondern der Beuvron.

Am Hafen von Chaumont

Am Schloss von Chaumont

Am Schild von Chaumont

Nach einem Café crème, einem Anstieg und sechs Kilometern am Ufer sehen wir auf der anderen Seite Blois. Kurz vor der Stadt im Schilf eine wohl riesige Menge von Fröschen – da bekommt man eine leise Ahnung, warum Menschen gegen Froschteiche klagen.

Blick auf Blois, im Vordergrund: Froschkonzert

Über die Brücke, die übliche Suche nach dem OdT, in der Stadt spielen einzelne Musiker und eine Band im Zentrum – lebhaft. Vor etwa 20 Jahren waren wir schon mal hier – auf dem Weg in die Bretagne, aber daran kann oder will sich keine/r mehr erinnern. Das Office liegt weit oben, Mo wartet unten, die junge Frau verteilt einen Guide pratique, mehr kann oder will sie zu unserem Unterkommen nicht beisteuern.

Wir entscheiden uns für das Ibis am Château, fahren hin und nehmen das Zimmer. Hier hat accor-Ibis ein grandioses altes Gebäude versaut: abgehängte Decken, hässliche Möbel, zu kurze Duschvorhänge, usw. Aber accor wirtschaftet nachhaltig und stellt für fünf mehrfach benutzte Handtücher irgendwo in der Welt neue Vittel-Wälder auf.

Il était une fois ... à Blois

Nach Dusche und kurzer Pause schaue ich ein bisschen EM-Eröffnung, dann geht's raus zur Stadtbesichtigung mit Restaurant-Suche. Blois ist zwar nicht Nantes oder Orléans, aber schon ein anderes Kaliber als Amboise oder Chaumont, so dass wir eine durchaus üppige Strecke zurücklegen dürfen.

Das unterwegs angesteuerte Fisch-Restaurant ist Madame zu teuer, wir gehen zur nächsten Adresse und kommen en passant an dem Logis-Hotel vorbei, das bei unserem Reservierungsversuch am Nachmittag schon complet war. Aber Essen gibt es: Rillettes de Cabillaud, Blanc manger de Chèvre, Foie de Veau und Veau marengo, was bei uns daheim unwidersprochen als Kalbsgulasch durchgehen würde.

Auf dem Rückweg zieht es uns nochmal an den Platz, an dem vorhin die Musik spielte. Wir kriegen gerade noch die beiden letzten Stücke der R&B-Band mit, die Gitarrenmusik im Stil der 70er Jahre zum Besten gibt. Die Gattin ist begeistert, ich erschrecke.

Morgen probieren wir's mit Chambord.